Buchempfehlung: Hanno Rauterberg | Und das ist Kunst ?!

Bücher, die sich der Frage widmen, was gute Kunst sei, erscheinen in den letzten Jahren des öfteren. Einige davon sind eher kurz gefasste „Ratgeber“, die dem kunstinteressierten Laien oder auch weitergehend ambitionierten Sammlern einen Weg zeigen sollen, die Qualität von Kunst zu beurteilen und sich eine Orientierung auf dem Kunstmarkt zu bearbeiten.

Die künstlerischen Entwicklungen seit dem Anfang des 20. Jahrhunderts haben vielfältige spannende und bereichernde Experimente mit sich gebracht, zu Aufbrüchen, Wandlungen und Erweiterungen des Kunstbegriffs geführt und damit auch die Schwierigkeit mit sich gebracht, Kriterien zur Beurteilung von Kunst zu erkennen oder in einem allgemeinen Konsens zu akzeptieren.

Ist Kunst, die den Weg in ein Museum gefunden hat gut? Ist ein hoher Preis für ein Kunstwerk ein Beleg für seine Qualität oder mögliche zukünftige kunsthistorische Bedeutung? Diese und viele Fragen sowie damit verbundene Irrtümer greift Hanno Rauterberg in seinem Buch „Und das Kunst ist ?!“ auf. Es lässt sich nicht leugnen, dass der Kunstmarkt oder der Kunstbetrieb in seiner Gesamtheit voller irrationaler Phänomene zu sein scheint und wer sich leibhaftig in diesem Milieu umtreibt, bemerkt schnell, dass mehr über Preise, Erfolge und vermeintliche Erfolgstrategien, über Popularität und das Who is who gesprochen wird – umso weniger aber über Kunst, ihre Aussagen und Qualitäten und Kriterien, diese zu benennen.

Der Feuilletonist der ZEIT Hanno Rauterberg stellt sich dem entgegen und ihm gelingt es, behutsam und doch verständlich, Missverständnisse und Irrtümer aufzudecken und die Diskussion über substanzielle Aspekte, über die Qualität von Kunst prüfend und doch offen anzustoßen.

Das Buch ist sicher keine grundsätzliche Marktkritik, denn Künstler sowie alle Varianten von Kunstvermittlern müssen bekanntlich auch ihren Lebensunterhalt bestreiten. Aber Rauterberg weißt Möglichkeiten auf, Kunst wieder in ihrer Autonomie abseits eines Marktes zu entdecken und sich ein Urteil zu erlauben. Dabei gelingt es ihm, Kriterien aufzuzeigen ohne dogmatisch zu sein, Thesen aufzustellen, denen nicht jeder Leser und Kunstliebhaber zustimmen muss, ihn aber anregt, viel zu sehen und zu vergleichen und sich aus dem Vergleich heraus eigene Urteile zu bilden. Nicht nur dem Betrachter in Museen, Galerien und Ateliers dient dieses, sondern zuweilen auch manchen Akteuren der Fachwelt. Auch dort kann gelegentlich der Eindruck entstehen, dass der Mut zum eigenen Urteil erst dann aufkommt, wenn ausgelotet wurde, was andere Denken und was im Trend liegt.

Auch wenn Rauterberg den Blick zurück auf Kriterien und einen Diskurs darüber lenkt, so hat dies nichts von mangelnder Offenheit und schränkt den Freiraum des künstlerischen Schaffens in keiner Weise ein.

Wie gesagt, unterschiedliche Ansichten sind erlaubt und Rauterbergs Thesen erwecken nicht den Eindruck eines ausschließlichen Anspruchs. Ihm gelingt eine Gradwanderung, die jeden bereichern kann – unabhängig von Zustimmung oder Reibung in einzelnen Einschätzungen.
Auch das macht den außerordentlichen Wert dieses Buches aus.

Das Buch ist im S. Fischer Verlag erschienen.

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